Stadtkirche Landshut – Vision und Werdegang

Großwetterlage – Werdegang in LandshutVision

 

Großwetterlage

Der erste Pfarrverband, ein Zusammenschluss von vormals selbständigen Pfarreien, wurde im Erzbistum München und Freising bereits 1970 errichtet (Erdweg bei Dachau). Seither wird in allen Bistümern Deutschlands und in allen Ländern Europas mit der Weiterentwicklung der kirchlichen Strukturen experimentiert. Eigentlich wurde und wird zu allen Zeiten überall in der Kirche damit experimentiert, in welchem äußeren Rahmen und Gefüge sich das kirchliche Leben abspielt. Die Strukturen der Kirche sind immer in lebendiger Entwicklung begriffen. Mehrere Gründe sind es, die heutzutage darauf hin drängen, Pfarreien in der ein oder anderen Form zusammen zu legen.

Priestermangel

Seit Jahren ist ein dramatischer Rückgang der Priesterzahlen zu verzeichnen. Frei werdende Priesterstellen, zumal Pfarrerstellen, können nicht mehr durch Priester besetzt werden. Das hat auch einen Vorteil: Neue kirchliche Berufe wurden attraktiv, und die Arbeit in einem vielfältigen Team von Seelsorgern wurde zur Regel. Schematisch kurz gefasst: Wo zuvor vier Pfarreien von vier Pfarrern betreut wurden, da arbeitet nun ein Viererteam von Pfarrer, Diakon, Pastoralreferentin und Gemeindereferent in einem Verband von vier Pfarreien.

Verwaltungsstandards

Die Büroarbeit hat sich verändert. In allen Behörden, Krankenhäusern, Vereinen sind neue Standards der Zeitplanung, der Terminabsprache, der Dokumentation, der Entscheidungstransparenz usw. aufgekommen. Da lässt sich die Arbeit nicht mehr einfach auf Zuruf erledigen. Sie ist eigentlich nur in einem größeren Büro gut zu organisieren. Beispiel: Im Rahmen der Prävention gegen sexualisierte Gewalt bekommt eine Pfarrei die Aufgabe, die Unbedenklichkeit ihrer Ehrenamtlichen sicher zu stellen. Das gab es vorher nicht und bedeutet erheblichen Aufwand: Einarbeiten in die Materie, Überlegen, wie die nötigen Informationen kommuniziert werden, Erstellen von Listen, Durchführen der Maßnahme mit den Führungszeugnissen, ordentliche, datenschutz-sichere Ablage … Besser, wenn nicht vier Pfarrbüros das aufgeladen bekommen, sondern sich eine Person in einem Zentralbüro einarbeitet.

Beteiligungsformen der Gläubigen

Jeder mag es bei sich selbst prüfen: Gegenüber der Generation seiner Eltern und erst recht seiner Großeltern hat er bzw. sie nicht mehr die gleiche Praxis des Mitlebens mit „seiner“ Pfarrei. Man ist so frei, sonntags auch mal woanders oder gar nicht in den Gottesdienst zu gehen. Man pflegt Kontakt zu bestimmten Gruppen und Kreisen, aber identifiziert sich nicht mit dem Gesamt der Pfarrei. Man engagiert sich für ein Projekt oder für eine bestimmte Aufgabe im kirchlichen Leben, aber hält sich nicht generell zur Verfügung für alles, wo der Pfarrer Leute braucht. Zumal in einer Stadt wie Landshut haben viele Leute schon immer ihre kirchliche Beheimatung frei gewählt, durchaus nach persönlichem Geschmack. Dem trägt die Entwicklung Rechnung, wenn auf einer Ebene „Stadtkirche“ gemeinsam überlegt wird, wo welche Angebote gemacht werden, so dass nicht jede Pfarrei alles machen muss, und man für jedes einzelne kaum mehr die ehrenamtlichen Helfer findet.

Werdegang in Landshut

In großen Zügen hat sich die kirchliche Struktur im Bereich der künftigen Stadtkirche Landshut folgendermaßen entwickelt:

  • 8. Jh. Christianisierung der Gegend, auch der Ansiedlung auf dem „Berg ob Landshut“
  • 1204 Gründung der Stadt Landshut, Ur-Pfarrei St. Martin
  • 1338 Stadterweiterung Freyung
  • 1369 Gründung der Pfarrei St. Jodok, der dabei auch die Kirche Hl. Blut zugeschlagen wird
  • 1595 Gründung des Kollegiatsstifts St. Martin und St. Kastulus
  • 1773 Aufhebung des Jesuitenordens, Ende der Seelsorgetätigkeit der Jesuiten in Landshut
  • 1803 Säkularisierung
  • 1923 Gründung des Caritasverbands Landshut e.V.
  • 1927 Eingemeindung von Berg ob Landshut in die Stadt Landshut
  • 1954 Gründung der Pfarrei St. Peter und Paul
  • 1937 Wiedererrichtung des Kollegiatsstifts St. Martin und St. Kastulus
  • 2002 Klosteraufgabe der Franziskaner in Maria Loreto
  • 2003 Pfr. Martin Atzenhofer, letzter Pfarrer von Hl. Blut, tritt in Ruhestand
  • 2007 Pfr. Alfred Rössler, letzter Pfarrer von St. Jodok, tritt in Ruhestand

In der Erinnerungsspanne der heute lebenden Menschen hat sich der Weg hin zur Stadtkirche in folgenden kleinen Schritten gestaltet:
? Beginn der jährlichen gemeinsamen Firmung der Kinder aus den vier Pfarreien
2004 Errichtung des Pfarrverbands St. Martin / Hl. Blut
Der Pfarrer von St. Martin, Stiftspropst Schömann, wird Administrator von Hl. Blut
2007 Der Pfarrer von St. Martin, Stiftspropst Schömann, wird Administrator von St. Jodok
? Die „Brücke“ erscheint zum ersten Mal als gemeinsamer Pfarrbrief
von St. Martin, Hl. Blut und St. Jodok.
2010 Unter Kardinal Marx beschließt das Erzbistum München und Freising den sogenannten
„Orientierungsrahmen“ für die Struktur- und Personalplanung für das Jahr 2020.
Dabei ist im Dekanat Landshut eine künftige „Stadtkirche“ aus den vier Pfarreien St. Martin,
Hl. Blut, St. Jodok und St. Peter und Paul vorgesehen.
Planstellen f. d. Seelsorge: 2 Priester, 1 Diakon, 1 Pastoralreferent/in, 1 Gemeindereferent/in
2013 Msgr. Dr. Baur wird Pfarrer von St. Martin, Pfarradministrator von Hl. Blut und von St. Jodok
2015 Klausurtag aller vier Pfarrgemeinderäte

Vision

Folgende Eckpunkte geben der Stadtkirche ihre Gestalt:

Gottesdienstordnung

In einer gemeinsamen Gottesdienstordnung wird die Eucharistiefeier, das A und O des christlichen Lebens, und werden die übrigen Gottesdienste in einer sinnvoll geordneten Weise aufeinander abgestimmt. Dabei gelten einige Grundsätze: An einem Ort in der Stadtkirche – und dafür bietet sich die Stiftsbasilika an – wird die vollständige Liturgie der Kirche, mit täglicher Hl. Messe, mit Chorgebet und allen Formen des sakramentalen Lebens gefeiert. In jeder Pfarrkirche findet am Sonntag Vormittag ein Pfarrgottesdienst statt. Es bleibt Spielraum für Eucharistiefeiern in Altenheimen, für Trauergottesdienste, Schulgottesdienste, Jubiläen und besondere Anlässe, Messen in kleineren Gruppen, Wallfahrten und andere Feierformen. In jeder geweihten Kirche wird wenigstens einmal im Jahr zum Patrozinium die Hl. Messe gefeiert. Als tragender Unterbau für das gottesdienstliche Gebet existiert eine vielfältige Kultur gemeinsamen Betens (Gebet in der Familie, Anbetungsgruppe, Gebetskreis, Rosenkranz, Wallfahrten, Klausurtage und geistliche Impulse in Arbeitsgremien …).

Haushaltsverbund

Während die pfarreieigenen Gebäude und Kirchen weiterhin von den einzelnen Kirchenverwaltungen betreut werden, ist das gesamte Personal auf der Ebene der Stadtkirche angestellt. Krankheits- und Urlaubsvertretungen sind untereinander selbstverständlich. Bürokräfte spezialisieren sich auf Schwerpunkte, die ihnen liegen. Ein zentrales Büro leistet gut abgestimmte, zeitnahe, verlässliche, kompetente Verwaltungsarbeit im Hintergrund und in der Betreuung aller einzelnen Anliegen. Büro und Seelsorger können großzügige Zeiten der Ansprechbarkeit bieten. Für alle einzelnen seelsorglichen Unternehmungen, ob dauerhafte Gruppen oder einzelne Events, ob unterhalb der Ebene der einzelnen Pfarrei, auf der Ebene der einzelnen Pfarrei oder pfarrei-übergreifend, bietet die Stadtkirche finanziell, logistisch, räumlich, personell genügend Unterstützung, so dass alles, was der geistlichen Bemühung wert ist, weiter gepflegt oder neu realisiert werden kann.

Pastoralplan

Die Stadtkirche hat sich darauf verständigt und überlegt kontinuierlich weiter, wie sie sich als Kirche der Welt, hier: der Stadt Landshut, zuwenden will. Der unerlässliche Kern ist das Zeugnis für Christus, den Herrn. Wir zeigen, dass wir dankbar die Erlösung feiern, die er uns gebracht hat und ständig erwirkt. Wir begehen Tag für Tag und Sonntag für Sonntag sein Gedächtnis. Was gleichfalls unbedingt sichtbar werden sollte, ist die praktische und handfeste Nächstenliebe, die Geschwisterlichkeit und Zusammengehörigkeit, die Hilfsbereitschaft und Zusammenarbeit, und die Nähe zu Menschen in Not. Was es an weiteren Aktionen und Angeboten gibt, darf offen bleiben, je nachdem, welche Tradition lebendig ist, welche Initiativen tatkräftige Unterstützung finden, welche Charismen einzelne Gläubige einbringen. Da mag es hier eine besondere Musikgruppe geben, die den Gottesdienst gestaltet, dort das Zeltlager für die Jugend, hier einen Promotor für Bildungsveranstaltungen, dort eine Anlaufstelle für soziale Not. Vollständigkeit ist ohnehin eine Utopie. Aber ein Gesamtbild, ein Profil als katholische Kirche in der Stadt, ist auf der Ebene der Stadtkirche auszuprägen. Die einzelne Pfarrei darf sich davon entlastet wissen.

Pfarrverbandsrat

Mit Pfarrverbandsrat und Gesamtkirchenverwaltung hat die Stadtkirche eigene Organe. Keine Pfarrei, kein Pfarrgemeinderat, keine Kirchenstiftung wurde aufgelöst. Es ist eine zusätzliche Ebene eingezogen, auf der das gemeinsame Leben besprochen und gestaltet wird. Die Stadtkirche ist eine eigene kirchliche Pflanzung, „Gottes Ackerfeld, Gottes Bau“ (1 Kor 3,9). Wir sind Mitarbeiter daran, der eine pflanzt, der andere begießt, „Gott aber lässt wachsen“ (1 Kor 3,6).