Vertrauen in das langsame Arbeiten Gottes

Ganz natürlich drängen wir in allen Dingen ungeduldig dem Ziele zu.
Wir möchten die Zwischenstufen überspringen.
Wir leiden voller Ungeduld darunter,
zu etwas Unbekanntem, Neuem unterwegs zu sein …

Dabei ist es das Gesetz jedes Fortschreitens,
dass sein Weg über das Unbeständige führt,
das eine sehr lange Zeit andauern kann.

So steht es, glaube ich, auch mit dir.
Deine Gedanken reifen ganz allmählich; lass sie wachsen,
lass sie Gestalt annehmen, ohne etwas zu überstürzen!
Versuche nicht, sie zu zwingen,
so als könntest du heute schon sein,
was die Zeit (das heißt: die Gnade und die Umstände,
die auf deinen guten Willen einwirken werden)
morgen aus dir machen wird.

Gott allein könnte sagen, welcher Art der neue Geist ist,
der sich allmählich in dir abzeichnet.
Schenke unserem Herrn Vertrauen und denke,
dass seine Hand dich gut durch die Finsternisse und das „Werden“ führen wird.
Nimm aus Liebe zu ihm die Angst auf dich,
dich im Ungewissen und gleichsam unfertig zu fühlen.

aus: Pierre Teilhard de Chardin SJ,
Entwurf und Entfaltung. Briefe aus den Jahren 1914-1919,
Freiburg 1963, 66
[Brief vom 4. Juli 1915 an seine Schwester]