Kommt, ruht euch aus

„Nach Peter und Paul / werden die Pfarrer faul,“ lautet ein Spruch im Stil der Bauernregeln, die man nicht ganz ernst zu nehmen braucht. Nun, das Fest St. Peter und Paul am 29. Juni liegt ein Weilchen zurück. Und tatsächlich macht sich der absehbare Beginn der Sommerferien in mancher (terminlicher) Hinsicht als Erleichterung für mich als Pfarrer bemerkbar. Für die vielen, die im Leben der Pfarrgemeinden mithelfen, wahrscheinlich auch, aber noch nicht gleich. Es kommen noch Feste, die ausgerichtet werden wollen. Und die Wahlausschüsse für die Wahl der Kirchenverwaltung im Spätherbst müssen sich konstituieren. Da ist noch einiges, was ansteht …

Hoch willkommen nach einem Jahr intensiver Arbeit kommt da das Evangelium des 16. Sonntags im Jahreskreis daher (22. Juli 2018): „Kommt mit an einen einsamen Ort, wo wir allein sind, und ruht euch ein wenig aus.“ (Mk 6,31). Das klingt sehr nach Liegestuhl am Strand oder Bänkchen vor der Hütte. Die Fachleute der Schriftauslegung würden das vielleicht auch gelten lassen. Aber sie machen aufmerksam, dass da nicht nur vom Baumelnlassen der Seele die Rede ist, sondern einige Worte durchaus theologisch „aufgeladen“ sind. Der einsame Ort ist für Jesus ja nicht einfach die Unerreichbarkeit (z.B. ohne Handy und ohne Mails), sondern der Ort der intimen Zwiesprache im Gebet mit dem Vater im Himmel. Seine Ruhe ist das Ruhen am Herzen des Vaters, wo er, der Sohn, ganz er selbst ist. In diese Sphäre will er die Jünger mitnehmen und mit hinein führen. Und diese Verbundenheit mit Gott, dem Vater, gibt ihm auch wieder die Kraft, sich den Menschen zuzuwenden. Tatsächlich sind wieder viele Menschen da, Jesus lässt sie an sich heran, empfindet Mitleid, „und er lehrte sie lange“ (Mk 6,34).

Wohl allen, die eine Sommerpause haben und sich einrichten dürfen! Aber es will klug überlegt sein, wo und wie man tatsächlich Ruhe findet. Die Ruhe, die aus der Verbundenheit mit Gott entspringt, soll dabei auf jeden Fall ihren Platz haben. (FJB)

Maria – lass uns dich grüßen

Zu den großen Jubiläen des Jahres 2018 – Ausbruch des 30-jährigen Krieges vor 400 Jahren, Frieden von Münster und Osnabrück 30 Jahre später, Ende des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren – tritt, thematisch nicht unpassend, das kleinere Jubiläum: 75 Jahre ist es her, dass die Mitglieder der „Weißen Rose“ als Nazi-Gegner hingerichtet wurden. Dass die Geschwister Scholl und die anderen Mitglieder dieser Gruppe sehr vom christlichen Geist geprägt waren, wusste ich schon. Aber dass der (ursprünglich evangelische) Hans Scholl in jungen Jahren einen ganz überschwänglichen Marienhymnus verfasst hat, darauf bin ich erst im Kontext des Gedenkens in diesem Jahr gestoßen. Der Marienmonat Mai gibt Anlass, aus diesem langen Gedicht einige Zeilen zu zitieren. Sie sind vielleicht nicht die hochklassigste Literatur, aber durch das Lebenszeugnis ihres Autors eindrucksvoll:

Maria – Königin,
du Starke – du tief
in Gott verschmolzne Rose der Höh‘,
lass uns dich grüßen,
so wie wir dich erahnen
in unsern engen Bahnen.

Denn du bist ja Kristall,
der tausend Glanze sprüht
und immer anders glüht,
du thronest hell im Himmelsall.

Fülle aus göttlichem Strahle,
schütte aus ewigen Brunnen
die Glut in unser Gefäß,
Flammen und Feuer und Licht
das ewig verbleit,
wenn Wand und Hülle zerbricht.

(Hans Scholl, zitiert nach einem Leserbrief in „Christ in der Gegenwart“ Nr. 14/2018)

Ostern

Preis dem Todesüberwinder!

Sieh, er starb auf Golgota.

preis dem Retter aller Sünder!

Was er uns verhieß, geschah.

Lasst des Dankes Harfe klingen,

bis das Herz vor Freude bebt!

Lasst uns mächtig ihm lobsingen,

dem, der starb und ewig lebt.

Sieben Worte Jesu am Kreuz

Als Impuls für die Karwoche ein Lesetipp: Karl Rahner, Gebete des Lebens, hg. v. Albert Raffelt, mit einem Vorwort des jüngst verstorbenen Rahner-Schülers Kardinal Lehmann. Darin findet sich die Meditation über die sieben letzten Worte Jesu am Kreuz.
Wir befinden uns nach der Leseordnung der Kirche im Lesejahr B, das heißt, wir folgen dem Markusevangelium. Markus bringt als letztes Wort Jesu den dramatischen Ruf: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Dazu Karl Rahner:
„Es naht sich dir der Tod. Nicht das Ende des Leibeslebens, das Erlösung und Friede ist. Sondern der Tod, der die letzte Tiefe, die unvorstellbare Tiefe der Zerstörung und der Not ist. Es naht der Tod, der Entleerung, grauenvolle Ohnmacht, zermalmende Öde ist … Und in dieser Nacht des Geistes und der Sinne, in dieser Leere des Herzens, in dem alles verbrannt ist, ist deine Seele immer noch im Gebet, wird diese grauenhafte Öde eines im Schmerz verbrannten Herzens in dir ein einziger Ruf zu Gott. O Gebet des Schmerzes, der Verlassenheit, der abgründigen Ohnmacht, Gebet des verlassenen Gottes, sei selber angebetet. Wenn du, Jesus, so betest, in solcher Not betest, wo ist da noch ein Abgrund, aus dem man nicht zu deinem Vater rufen dürfte? Wo ist eine Verzweiflung, die nicht, in deiner Verlassenheit geborgen, selbst zum Gebet werden könnte? Wo ist ein Verstummen in Qual, das nicht wissen müsste, dass solcher stummer Schrei noch gehört wird mitten im Jubel des Himmels?“

Fastenzeit

Barmherziger Gott,
du bist den Demütigen nahe
und lässt dich durch Buße versöhnen.
Neige dein Ohr unseren Bitten
und segne alle, die gekommen sind,
um das Aschenkreuz zu empfangen.
Hilf uns, die vierzig Tage der Buße
in rechter Gesinnung zu begehen,
damit wir das heilige Osterfest
mit geläutertem Herzen feiern.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Stadtpatron Sebastian

Der 20. Januar ist der Gedenktag des Hl. Sebastian, Patron der Stadt Landshut. Aus diesem Anlass feiern einzelne Gruppen Gottesdienst. Um den Stadtpatron zu ehren, lädt der Stadtrat zum Sonntagsgottesdienst am 21.1.2018 ein, 11.00 Uhr in St. Martin. Der Gottesdienst wird – entsprechend seiner langen Tradition in St. Jodok – vom Achdorfer Männerchor musikalisch gestaltet. Es gibt eine eigene „Sebastiani-Messe“ für vierstimmigen Männerchor. Am Sebastianitag selbst, Samstag, 20.1.2018, feiern die Königlich Privilegierten Feuerschützen um 10.30 Uhr in St. Sebastian Gottesdienst. Und schließlich haben die Wirtsleute der Stadt und des Landkreises Landshut die Tradition, in St. Martin ein jährliches Sebastianiamt zu feiern. Es findet am Montag, 22.1.2018, um 10.00 Uhr statt.
Alle diese Gruppen haben ihre besondere Verbundenheit mit dem Hl. Sebastian. Hoffentlich pflegen auch alle, die Sebastian heißen, die Verbindung zu ihrem Namenspatron. Aber der Tag des Hl. Sebastian sollte ein Gedenktag für alle sein. Christlicher Märtyrer, Soldat von Beruf, aber vor allem Kämpfer für die gute Sache des Glaubens, Kämpfer, der lieber bereit war, selbst zu leiden als andere anzugreifen, mutig und offen bis zum letzten Atemzug – das ist ein Patron für alle Christen.

Weihnachtszeit

Kürzlich – genauer gesagt, am 3. Advent – habe ich miterlebt, wie jemand in großer Runde noch eine „schöne restliche Weihnachtszeit“ gewünscht hat. Tatsächlich, der Sprachgebrauch und der Lebensrhythmus der Leute kippen immer mehr dahin, die „Weihnachtszeit“ als Zeit vor Weihnachten aufzufassen. Die ist dann an Weihnachten vorbei. Folglich bietet die Jugendorganisation des Lion’s Club Landshut an, bereits am Mittwoch nach Weihnachten (also am 27. Dezember) mit der Abholung der abgetakelten Weihnachtsbäume zu beginnen.

Wer als Christ Weihnachten feiert, behält den geschmückten Christbaum noch in der Wohnung, um die wirkliche Weihnachtszeit zu feiern: die Tage nach Weihnachten. Diese Tage sind in vielerlei Hinsicht geeignet, um Weihnachten zu feiern, nicht die Glühwein-Seligkeit, den Einkaufsrausch, die Siege in der Geschenkeschlacht und was sonst noch alles vor Weihnachten begangen wird.

Das Weihnachtsfest hat einen Oktavtag, den 8. Tag, den 1. Januar, der als Hochfest der Gottesmutter und als Weltfriedenstag gefeiert wird. Eine Woche ist nicht zu wenig, um den Weihnachtsfrieden bei sich – hoffentlich auch in der Welt – ankommen zu lassen. Beim Frieden ist es nicht mit einer einmaligen Verkündigung getan. Er braucht Zeit, um Wirklichkeit zu werden. Man muss Vertrauen in den Frieden entwickeln können.

Die Weihnachtszeit beinhaltet den Sonntag der Heiligen Familie und das Fest der Erscheinung des Herrn, an dem des Besuchs der Weisen aus dem Osten gedacht wird. Ein Zeitraum, der zur Verfügung steht für die Pflege der Beziehungen in der Familie und im Kreis der Bekannten, mit Besuchen und Begegnungen.

Und schließlich endet die Weihnachtszeit mit dem Fest der Darstellung des Herrn nach 40 Tagen im Tempel von Jerusalem: Mariä Lichtmess am 2. Februar. (Dass Sie so lange Ihren dürren Christbaum in der Wohnung stehen lassen, ist freilich nicht verlangt.) „Meine Augen haben das Heil gesehen …“ (Lk 2,30). Zeit, um Weihnachten auszukosten, über Jesus Christus nachzudenken, etwas zu lesen, darüber zu sprechen. Nur so wird das Fest geistlich fruchtbar.

In diesem Sinn wünsche ich mit den Worten des bekannten Lieds eine fröhliche, selige gnadenbringende Weihnachtszeit, mindestens acht Tage lang, besser bis Dreikönig, richtigerweise bis zum Sonntag nach Dreikönig, dem Fest „Taufe des Herrn“, aber am besten bis zum 2. Februar. (FJB)

Advent

Ein befreundeter Pfarrer aus einem anderen Bistum erzählt mir, wie er vor Jahren als Kaplan eingeladen war, beim Seniorennachmittag einen geistlichen Impuls zu halten. Alle saßen bereit, die Tische waren gedeckt, es sollte mit einer Besinnung beginnen. Der Kaplan begann, mit bedeutungsvoller Stimme: „Advent … Können wir noch warten?“ In die bedeutungsvolle Pause hinein tönte eine Stimme: „Ne, Herr Kaplan, ich glaub‘, wir können schon mal anfangen mit Kaffee und Kuchen.“

Schade, die Besinnlichkeit war natürlich weg. Dabei wäre die Frage sehr berechtigt gewesen. Versuchen Sie doch einmal, Weihnachten nicht schon voraus zu feiern, sondern erst wenn es soweit ist. Dass erst nach der Christmette, und  zwar der richtigen Christmette am Hl. Abend (nicht: Nachmittag) Anlass für ein festliches Essen besteht, ist zwar für alle Menschen guten Willens einsichtig. Aber dazu fordere ich nicht ernsthaft auf, dieser Sinnzusammenhang ist längst der allgemeinen Feierlust zum Opfer gefallen. Ich leiste auch keinen Widerstand mehr, wenn bei den „Weihnachtsfeiern“ im Altenheim „Stille Nacht“ gesungen wird. Aber irgendetwas wird es doch geben, wo Sie es schaffen, dass sie es sich wirklich bis Weihnachten, das heißt, mindestens bis zum Hl. Abend, aufheben. Und wenn es nur das Entzünden der Kerzen am Christbaum ist.

Wenn es gar nichts mehr gibt, was wir nicht schon vorweg genommen haben, was wir auf uns zukommen lassen müssen, was wir erwarten müssen, dann, befürchte ich, kommt auch gar nichts mehr auf uns zu. Dann brauchen wir auch nichts mehr erwarten vom Weihnachtsfest und von Gott, der uns eigentlich dieses Fest schenken möchte, und zwar zu seiner Zeit. (FJB)

Heiliges Experiment

Zu den bedeutenden Jubiläen des Jahres gehört auch ein schmerzliches Datum: Vor 250 Jahren endete mit der Vertreibung der Jesuiten aus den südamerikanischen Reduktionen das „Heilige Experiment“. Das war der Aufbau von Siedlungen („reducciones“) als Zufluchtsstätten für die einheimischen Indios in den spanischen und portugiesischen Kolonialgebieten Südamerikas. Unter der Leitung der Ordensleute waren solche Siedlungen zu wirtschaftlicher und kultureller Blüte gekommen. Den Sklavenjägern und Kolonisten waren sie ein Dorn im Auge, und so gelang es ihnen im Verein mit der anti-katholischen Lobby in Europa, 1767 ein königliches Dekret zur Vertreibung der Jesuiten zu erwirken. Die Siedlungen zerfielen, und der Status der Ruinen als UNESCO-Weltkulturerbe ist kein wirklicher Trost für die verbrecherische Politik der damaligen europäischer Aufklärer.

Die Jesuiten kamen erst mit der zweiten oder dritten Generation von Kolonialisten in die neu entdeckten und eroberten Gebiete Südamerikas. Sie zeichneten sich gegenüber dem Missionswerk anderer Orden von Anfang an dadurch aus, dass sie ein größeres Gespür von die Sprachen, die Kulturen und die Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung aufbrachten. Gewiss waren die Siedlungen, die zusammen fast so etwas wie einen „Jesuitenstaat“ in Paraguay bildeten, keine Entwicklungszusammenarbeit im heutigen Sinn, sondern – was aber offenbar mit indigenen kulturellen Mustern gut zusammen ging – ziemlich paternalistisch geführt. Ziel war eine nachhaltige Christianisierung der Bevölkerung, was Menschlichkeit, wirtschaftlichen Wohlstand und künstlerische Werte einschloss, aber nicht unbedingt Emanzipation und Autonomie. Dennoch war dieses Missionswerk eine erfolgreiche und beeindruckende Alternative zur üblichen Kolonialisierung. Die mutwillige Zerstörung und die gewaltsame Vertreibung der Jesuiten, von den Gräueln gegenüber den Bewohnern der Reduktionen ganz zu schweigen, ist eines der dunkelsten Kapitel der sich sonst so hell und leuchtend darstellenden Geschichte der europäischen Aufklärung.

Die Arbeit für Menschlichkeit und Gerechtigkeit ist, unter welchen Zeitumständen auch immer, christliche Berufung. Das frühere Bestreben sei gewürdigt, um das heutige zu beflügeln.

Bruder Klaus von Flüe

Der 25. September ist der Gedenktag des Hl. Bruder Klaus von Flüe, des großen Nationalheiligen der Schweiz. In diesem Jahr bekommt der Gedenktag besondere Beachtung, denn es sind genau 600 Jahre, dass Klaus 1417 geboren wurde.

Während sein Wirken als Ratgeber und Friedensstifter bis heute einhellig geschätzt und bewundert wird, löst seine Entscheidung, Frau und Kinder zu verlassen und als Einsiedler zu leben, eher Befremden aus. Ein wenig lässt sich das auffangen mit dem Hinweis, dass seine Frau Dorothea einverstanden war und gleich ihm als Heilige betrachtet werden darf. Aber die Figur des Hl. Bruder Klaus trägt noch weitere, sehr mittelalterliche Züge an sich, so etwa die Überlieferung, dass er sich in den letzten Lebensjahren von nichts anderem mehr ernährte als von der Hl. Kommunion.

Nun, es scheint nicht unmöglich, von der sympathischen Seite des Bruder Klaus als bedeutender Identifikationsfigur für die katholische Schweiz (und darüber hinaus) auch einen modernen Weg zu den tieferen geistlichen, mystischen Wurzeln des Heiligen zu bahnen. Jedenfalls hat das Liturgische Institut der Schweiz zum 600. Geburtstag des Heiligen mittels Wettbewerb ein neues Kirchenlied heraus gebracht, das seine radikale Spiritualität sehr gut in die heutige Zeit und die heutige Sprache übersetzt (einschließlich eines interessanten Rhythmus in der Gesangsmelodie, hier etwas unbeholfen mit dem Bindestrich wiedergegeben):

 

Glauben, hoffen – und sich sehnen,
ahnen, dass es mehr noch gibt,
wachen, lauschen – mit Gott ringen:
Niklaus sucht den rechten Weg.

 

Alles lassen – alles geben,
pilgern, in die Ferne zieh’n,
zögern, nicht mehr – weiter wissen:
Niklaus geht den steilen Weg.

 

Harren, umkehr’n – einwärts ziehen,
tief im Ranft die Mitte finden,
fasten, schweigen – und empfangen:
Bruder Klaus geht seinen Weg.

 

Christus schauen – Früchte tragen,
aus des Lebensquelle schöpfen,
Frieden stiften – Einheit wahren:
Bruder Klaus weist uns den Weg.

 

Unser eignes – Leben leben,
füreinander, Gott zu eigen,
staunend, fragend – wir verehren
Bruder Klaus und Dorothee.

 

Vaters Willen – wir erforschen,
Sohnes Stimme wir erhorchen,
Geistes Kraft in – uns wir trauen,
den Dreieinen wir lobpreisen. Amen.