Gedanken von Leibniz

„Ziel der Welt ist die höchste Verherrlichung Gottes. Die Wirkung hieraus ist das größtmögliche Glück der Seelen, wenn vernünftige Wesen den Urheber alles Guten lieben und nachahmen, indem sie sich an der Betrachtung seiner Vollkommenheit gemäß der Natur der wahren, reinen Liebe erfreuen, die uns über das Glück dessen, den man liebt, Freude empfinden lässt.“
Jemand aus der Pfarrgemeinde St. Jodok mir dieses Zitat von Gottfried Wilhelm Leibniz weiter gegeben. An seinem 300. Todestag (14. November) hat man das Universalgenie und den Mathematiker gefeiert. Man hat aber auch Gewinn, wenn man ihn als geistlichen Autor liest. Deshalb noch ein weiterer Gedanke:
„Die Gerechtigkeit ist nichts anderes als die Barmherzigkeit der Weisen. Die Weisheit ist die Wissenschaft des Glücks oder der Mittel zu einer dauerhaften Zufriedenheit in steter Annäherung an größere Vollkommenheit. Gerechtigkeit ist eine brüderliche Liebe der Weisheit gemäß. Und brüderliche Liebe ist eine Gutwilligkeit gegen jedermann.“

Abschluss des Hl. Jahrs der Barmherzigkeit

Am Christkönigssonntag (20.11.2016) wird in Rom der Abschluss des außerordentlichen Heiligen Jahrs der Barmherzigkeit gefeiert. Papst Franziskus schlägt vor, den Rückblick auf das Heilige Jahr vor allem im Geist des Magnificat zu begehen:
„Meine Seele preist die Größe des Herrn …
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.“
In der Regel der Brüder von Taizé gibt es einen schönen Passus zum Stichwort Barmherzigkeit, der einen hohen und sehr konkreten Anspruch formuliert. Ich will das Hl. Jahr hier mit diesem bleibenden, weil uneingelösten, aber unaufgebbaren Anspruch beschließen:
„Wer in der Barmherzigkeit lebt, kennt nicht Empfindlichkeit und nicht Enttäuschung. Er verschenkt sich einfach, sich selbst vergessend, freudig mit der ganzen Glut seines Herzens, frei – ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“

„Meine Aufgabe ist es zu lieben.“

Mutter Teresa von Kalkutta, jetzt die Heilige Mutter Teresa von Kalkutta, hat einmal gesagt: „Anfangs glaubte ich, bekehren zu müssen. Inzwischen habe ich gelernt, dass es meine Aufgabe ist zu lieben. Und die Liebe bekehrt, wen sie will.“
Ich bin ihr als Student einmal begegnet. Sie kam Anfang der 90er Jahre zu Besuch zu Papst Johannes Paul II. nach Rom. Auf dem Programm stand auch ein Besuch an der Jesuiten-Universität Gregoriana, wo sie vor den Studenten in der Pause zwischen zwei Vorlesungen eine Ansprache halten sollte. Ich erinnere mich an den Eindruck, den ich von ihr mitgenommen habe. Ganz anders, als ich es erwartet hatte, war sie nicht die weiche, sanfte, einfühlsame Frau, die aus Rührung und Betroffenheit hilfsbereit ist. Vielmehr redete sie uns Studenten mit fast harschen Worten an, um uns eindringlich und kompromisslos die Liebe als handfeste Aufgabe ans Herz zu legen, oder sogar mehr: zur Verpflichtung zu machen. Im Nachhinein wurde mir klar: Ja, so jemand kann wirklich einen großen Orden führen und etwas Großes bewegen in der Welt.
Diesen Impuls gebe ich hier weiter: Liebe, das ist eine Aufgabe. Eine sehr handfeste Aufgabe, die alle Kraft, Klugheit und Entschiedenheit von uns verlangt. Wo es kein „ja, aber“ gibt. Die man nicht den Launen des Gefühls überlassen darf. Ja, unser alle Aufgabe als Christen ist es: zu lieben!

Den Tag bestehen

Ich bitte dich, Herr, um die große Kraft
diesen kleinen Tag zu bestehen,
um auf dem großen Wege zu dir
einen kleinen Schritt weiterzugehen.

Das ist ein wunderbares kleines, und doch großes Gebet. Formuliert hat es Ernst Ginsberg, ein bekannter deutscher Schauspieler und Hörspielsprecher jüdischer Herkunft, der sich 1935 katholisch taufen hatte lassen. Er starb 1964, nachdem ihm eine tückische Krankheit Stück für Stück die Bewegungsfähigkeit geraubt hatte. Gerade in dieser Leidenszeit prägte er die reifsten und tiefsten seiner christlichen Gedichte.
Mir persönlich wurde dieses Morgengebet bekannt durch Dr. Norbert Fuchs, den langjährigen Spiritual von Kloster Seligenthal. Er kann in diesen Tagen (genau: am 6. August) seinen 90. Geburtstag feiern. Wenn ich dieses Gebet hier als Impuls für den Monat August einstelle, ist das auch eine kleine Hommage an ihn.
(FJB)

Glück des heutigen Tages

Es gibt einen berühmten Spruch der Hl. Theresia von Avila: „Tu deinem Leib Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“ Allerdings ist die Zuschreibung dieses Spruchs an die große Heilige haltlos. Es gibt keine belegbare Quelle, wonach sie sich schriftlich oder mündlich jemals in diesem Sinn geäußert hätte.
Wohl aber gibt es einen biblischen Spruch, der genau in die gleiche Richtung geht:
„Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages; an der Lust, die dir zusteht, geh nicht vorbei.“ (Jesus Sirach 14,14).
Es hat natürlich einen leicht heidnischen Beigeschmack, dieses Motto. Von den großen biblischen Themen, der rechten Lebensführung, dem Gottvertrauen, der Glaubenskraft, der Pflicht zur Liebe ist darin nichts enthalten. Und tatsächlich: Die alten Römer kannten eine Gottheit, die FORTUNA HUIUS DIEI, die Glücksgöttin des jeweiligen Tages. Von einer grandiosen Monumentalstatue dieser Göttin ist in Rom noch ein makellos zarter Unterarm und eine bezaubernde Nase übrig. Sie werden im Museo Centrale Montemartini gezeigt.
Wir ordnen dieses kleine Motto ein in die großen Lebensaufgaben, in das Gesamt der Bibel, und unter Wahrung dieses großen Zusammenhangs dürfen wir es uns für den kleinen Tag gesagt sein lassen: „Versag dir nicht das Glück des heutigen Tages.“

Porta patet, cor magis

Ein schönes lateinisches Sprichwort. Einmal im Lauf des Jubiläums der Barmherzigkeit mit dem Zeichen der „Heiligen Pforten“ ist es an der Reihe, dieses Sprichwort anzubringen.
Das Symbol der „Heiligen Pforte“ hat wirklich eingeschlagen in der Kirche. Aus der Reisegruppe aus der Stadtkirche, vor allem aus der Pfarrei St. Jodok, die nach Pfingsten in Südfrankreich unterwegs war, habe ich freudig gehört: „Wir sind auf unserer Route auf sechs Pforten der Barmherzigkeit gestoßen!“ Ja, Papst Franziskus hat offenbar wirklich eine Tür aufgestoßen in der Kirche. Pforten sind also viele aufgetan worden, hoffentlich auch – und noch mehr – Herzen. Dazu ein Gebet:
„Barmherziger Gott,
in der Güte und Menschenfreundlichkeit deines Sohnes Jesus Christus hast du uns dein Angesicht voll Erbarmen und Liebe gezeigt. In seiner Zuwendung zu den Armen und Kranken und zu allen, die am Rande stehen, erkennen wir, wie sehr du jeden Menschen liebst. Durch ihn hast du dein endgültiges Ja zur Schöpfung und zu unserem Leben gesprochen.
Wir danken dir für deine Liebe und Treue, mit der du unser ganzes Leben umfängst. Du bist unser barmherziger Vater, der uns immer erwartet und vergibt. Du schließt uns in die Arme und feierst ein Fest, wenn wir zurückkehrten. Die Tür deines Hauses steht offen für alle, die dich suchen und mit bereitem Herzen umkehren zu dir.
In diesem Heiligen Jahr lädst du uns ein, das Geschenk deiner Barmherzigkeit tiefer zu erfassen. So können wir neu aufbrechen zu unseren Schwestern und Brüdern und als Kirche ihre Freude und Hoffnung, aber auch ihre Trauer und Angst teilen.
Ermutige uns, deinem Ruf zu folgen und uns stets neu überraschen zu lassen von deiner Liebe und von den Wegen, die du uns führen willst. Die Fürbitte Marias, der Mutter der Barmherzigkeit, möge uns begleiten, bis wir dich schauen dürfen in deinem Licht.“
(Pastor Dr. Marius Linnenborn, Essen)

Mutter mit dem geneigten Haupt

Der Marienmonat Mai hat begonnen. Viele Maiandachten werden gefeiert und Wallfahrten unternommen. Man darf aufschauen zu den Bildern der Gottesmutter in Kapellen, an Hauswänden, auf Plätzen, im eigenen Haus … Ein Gnadenbild will ich dieses Jahr in den Mittelpunkt rücken, die „Mutter mit dem geneigten Haupt“ in der Ursulinenkirche St. Josef.
Seit 1699 wird dieses Bild öffentlich gezeigt und als Gnadenbild verehrt. Kopien davon waren über die Jahrhunderte reichlich in Umlauf. Eine Kopie ist an der Außenwand meines Pfarrhauses in der Kirchgasse, weitere kann man entdecken, wenn man auf Ausflügen und Spaziergängen im Umland von Landshut in die Kirchen schaut. Was wird mit dem ursprünglichen Gnadenbild in der Kirche der Ursulinen werden? Solang die Kirche St. Josef eine Klosterkirche war, war auch immer eine Schwester da, die auf- und zugesperrt hat. Die Schwestern verlassen Landshut in diesem Sommer. Was das für die Kirche St. Josef bedeutet, weiß noch nicht einmal ich als Pfarrer vor Ort. In welchem Maß wird sie weiter zugänglich sein? Und besucht werden?
Im Mai diesen Jahres jedenfalls ist noch alles so wie bisher. Das heißt, man kann bequem in die Kirche hinein schauen und einen Besuch bei der Muttergottes machen, der „Mutter mit dem geneigten Haupt“. Das passende Lied dazu ist Gotteslob, Nr. 524, besonders die 5. Strophe:
„Dich als Mutter zeige, / o Maria hilf,
gnädig uns zuneige, / o Maria hilf!
Maria, hilf uns allen / aus unsrer tiefen Not!“

Ostern

Manchmal stehen wir auf
Stehen wir zur Auferstehung auf
Mitten am Tag
Mit unserem lebendigen Haar
Mit unserer atmenden Haut.

Nur das Gewohnte ist um uns
Keine Fata Morgana von Palmen
Mit weidenden Löwen
Und sanften Wölfen.

Die Weckuhren hören nicht auf zu ticken
Ihr Leuchtzeiger löschen nicht aus.

Und dennoch leicht
Und dennoch unverwundbar
Geordnet in geheimnisvoller Ordnung
Vorweggenommen in ein Haus aus Licht.

© Marie Luise Kaschnitz, in: Seid nicht so sicher. Geschichten, Gedichte, Gedanken, Gütersloh 1991.