Advent

Ein befreundeter Pfarrer aus einem anderen Bistum erzählt mir, wie er vor Jahren als Kaplan eingeladen war, beim Seniorennachmittag einen geistlichen Impuls zu halten. Alle saßen bereit, die Tische waren gedeckt, es sollte mit einer Besinnung beginnen. Der Kaplan begann, mit bedeutungsvoller Stimme: „Advent … Können wir noch warten?“ In die bedeutungsvolle Pause hinein tönte eine Stimme: „Ne, Herr Kaplan, ich glaub‘, wir können schon mal anfangen mit Kaffee und Kuchen.“

Schade, die Besinnlichkeit war natürlich weg. Dabei wäre die Frage sehr berechtigt gewesen. Versuchen Sie doch einmal, Weihnachten nicht schon voraus zu feiern, sondern erst wenn es soweit ist. Dass erst nach der Christmette, und  zwar der richtigen Christmette am Hl. Abend (nicht: Nachmittag) Anlass für ein festliches Essen besteht, ist zwar für alle Menschen guten Willens einsichtig. Aber dazu fordere ich nicht ernsthaft auf, dieser Sinnzusammenhang ist längst der allgemeinen Feierlust zum Opfer gefallen. Ich leiste auch keinen Widerstand mehr, wenn bei den „Weihnachtsfeiern“ im Altenheim „Stille Nacht“ gesungen wird. Aber irgendetwas wird es doch geben, wo Sie es schaffen, dass sie es sich wirklich bis Weihnachten, das heißt, mindestens bis zum Hl. Abend, aufheben. Und wenn es nur das Entzünden der Kerzen am Christbaum ist.

Wenn es gar nichts mehr gibt, was wir nicht schon vorweg genommen haben, was wir auf uns zukommen lassen müssen, was wir erwarten müssen, dann, befürchte ich, kommt auch gar nichts mehr auf uns zu. Dann brauchen wir auch nichts mehr erwarten vom Weihnachtsfest und von Gott, der uns eigentlich dieses Fest schenken möchte, und zwar zu seiner Zeit. (FJB)