Verbunden mit der Ukraine

Erschrocken und bestürzt hören und lesen wir die Nachrichten vom offenen Kriegsgeschehen in der Ukraine. Wir fühlen uns menschlich verbunden mit den Menschen in einem Land, das dem Bombardement und dem Einmarsch einer fremden Armee ausgesetzt ist. Und wir fühlen uns als Christen verbunden mit allen unschuldigen Opfern und mit allen Menschen guten Willens, denen am Frieden gelegen ist. Ihnen gilt unser Gebet!

In der Stadtkirche existiert noch ein besonderer Kontakt. Seit gut einem Jahr feiert Pfarrer Lubomir Fedorak mit der griechisch-katholischen ukrainischen Gemeinde regelmäßig alle zwei Wochen im byzantinischen Ritus in St. Sebastian den Sonntagsgottesdienst. Als Gastgeber sind wir dieser ukrainischen Gemeinde direkt verbunden. Diesen Brüdern und Schwestern, die natürlich alle auch Familienangehörige und Freunde im Kriegsgebiet haben, fühlen wir uns besonders nahe.

Für die Solidarität mit der Ukraine und den Ukrainern gibt es bewährte Kanäle, um direkt zu helfen. Vor Ort sind die katholischen Hilfswerke mit ihren Projektpartnern weiterhin tätig. Besuchen Sie doch die Homepage von Renovabis und von Caritas Internationalis. Auf beiden Seiten gelangen Sie über eine Länderübersicht zu Projekten in der Ukraine, wo direkte Unterstützung geleistet wird und für die Sie direkt spenden können. Damit würden Sie dasselbe tun wie unsere Ukrainer hier in Landshut, die Sachspenden, Medikamente und medizinisches Material sammeln (unter anderem in der Sakristei von St. Sebastian), um ein Zeichen der Solidarität zu setzen für die, die in unserer europäischen Heimat von Krieg betroffen sind.

Möge Gott uns vor noch Schlimmerem bewahren
und die Schritte der Menschen bald wieder auf Wege des Friedens führen!

Sonntag des Wortes Gottes

Weltweit wird nach liturgischer Ordnung von Papst Franziskus der 3. Sonntag im Jahreskreis (heuer der 23.1.2022) als „Sonntag des Wortes Gottes“ begangen. Nur die Deutschen Bischöfe gehen aufgrund einer ökumenischen Tradition einen Sonderweg und erklären den 4. Sonntag im Jahreskreis (30.1.2022) als „Sonntag des Wortes Gottes“. Nun ja, jeder Sonntag ist Sonntag des Wortes Gottes! Und der Anfang der „grünen“ Zeit im Kirchenjahr passt dazu allemal. Hier, ebenfalls dazu passend, ein bemerkenswertes, starkes Gedicht des schweizerischen reformierten Pfarrers Kurt Marti († 2017) über die Bibel:

Dissonanzen? Jede Menge.
Widersprüche? Noch und noch.
Kein ausgeklügelt Buch.
Hundert-Stimmen-Strom
(selbst Schriftgelehrte ermessen ihn nicht) –
wohin will er tragen?
Über Schwellen, Klippen, Katarakt,
heimzu, heilzu (hoff ich …)
Viel-Stimmen-Buch also,
geselliges Buch,
(geselligstes der Weltliteratur!);
in ihm wird
die EINE,
die verlässliche Stimme
der geselligen Gottheit lauf.

aus: Kurt Marti, Die gesellige Gottheit. Ein Diskurs, Stuttgart: Radius-Verlag 1993.

„Dulcis Jesu memoria“

„Süßer die Glocken nie klingen als zu der Weihnachtszeit …“ – süße Plätzchen, süße Lebkuchen, süßer Glockenklang: Weihnachten ist süß!

Freilich ist das nicht wegen des süßen Jesuskindchens. Alle Babys sind süß, nicht nur in den Augen ihrer Mütter und Großmütter. Die Herzigkeit des Christkinds, die Lieblichkeit der Krippen und alle Süßigkeiten der Weihnachtsküche sind ein Wiederschein der tieferen geistlichen Süßigkeit, die eine Empfindung ist, die sich dann einstellt, wenn man sich darauf besinnt, wer Jesus, der Retter, der Heiland, das Bild des unsichtbaren Gottes, der Sohn des himmlischen Vaters für einen persönlich bedeutet. Wenn man sich der Liebe innewird, die er zu uns hat, und darauf antwortet, indem man eine Liebe zu ihm im Herzen aufsteigen lässt.

Aus dem 12. Jahrhundert (zugeschrieben dem Hl. Bernhard, aber von einem unbekannten Dichter) stammt der Hymnus „Dulcis Jesu memoria“. Lang bevor das Weihnachtslied mit der Strophe „… holder Knabe, oh, wie lacht …“ gedichtet wurde, also älter als alle Süßigkeit in der Weihnachtsfolklore, ist dieses Gedicht mit seinen knapp 50 Strophen. Darin häufen sich die Wörter „dulcis“ – süß, „dulcissimus“ – supersüß und „dulcedo“ – Süßigkeit. Der Grund für dieses Empfindung ist aber nicht die gefühlvolle Anmutung, die sich bei der Vorstellung des kleinen Jesuskindes einstellt, sondern die ganze theologische Tiefe: Sich erinnern, sich besinnen, wer Jesus für mich ist.

Ich will ein paar Strophen zitieren – auf Latein. Für manchen klingt diese Sprache ja süß in den Ohren. Wer das Lied in deutscher Übersetzung kennenlernen will, kann das Gotteslob bei der Nr. 368 aufschlagen oder das Internet konsultieren. Ich wünsche allen, die uns auf der Homepage besuchen, dass sie in den Süßigkeiten des Weihnachtsfests den tieferen Grund der weihnachtlichen Leckereien herausschmecken!

Dulcis Iesu memoria
dans vera cordis gaudia,
sed super mel et omnia
eius dulcis praesentia.

Nil canitur suavius,
auditur nil iucundius,
nil cogitatur dulcius
quam Iesus Dei Filius.

Iesu, rex admirabilis
et triumphator nobilis,
dulcedo ineffabilis,
totus desiderabilis.

Amor Jesu dulcissismus
et vere suavissimus,
plus milies gratissimus
quam dicere sufficimus.

Advent

„Es gibt ein dreifaches Kommen des Herrn: ein erstes im Fleisch, ein zweites in der Seele, ein drittes im Gericht. … Das erste Kommen ist schon vorüber, denn Christus kam zur Welt. Wir befinden uns im zweiten Kommen … Wir sind sicher, dass er kommt und bei uns bleibt, wenn wir ihn lieben. … Was die dritte Ankunft betrifft, so ist es ganz sicher, dass er kommt, ganz ungewiss jedoch, wann … – Es gibt nämlich eine Schau der Nacht, eine Schau des Tages und eine Schau des Lichtes: eine Schau der Nacht vor der Gnade, eine Schau des Tages in der Gnade, eine Schau des Lichtes in der Herrlichkeit. … Die Patriarchen und Propheten hatten die Schau der Nacht. Von der zweiten Schau sagt Paulus: Wir schauen die Herrlichkeit des Herrn und werden in sein eigenes Bild verwandelt durch den Geist des Herrn. Wenn jedoch die Schau des Lichtes kommt, dann werden die Gerechten vor Gott leuchten wie die Sonne, dann werden sie im Licht das Licht sehen.“ (Petrus von Blois, gestorben um 1204)

Friedhofskultur

Voriges Jahr wurde die Friedhofskultur ins Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Deutschland aufgenommen – die Liste, auf der u.a. auch die Landshuter Hochzeit steht. Die Kirche würdigt diese Kultur, die über das hinaus geht, dass wir als Christen einen passenden Ort haben für die Trauer um unsere Toten, für das Gebet für sie und die Erinnerung an sie.

So sind die Friedhöfe eben auch:
– wertvolle Naturräume, einschließlich einer elaborierten Gartenkultur
– aufgrund der Gestaltung der Grabmäler interessante „Skulpturenparks“
– ein „Philosophie-Forum“ mit vielerlei Anregungen zum Nachdenken über die Grundfragen des Lebens
– als Grünflächen ein Beitrag zu Klima- und Umweltschutz
– Treffpunkte für Witwen und Witwer, Seniorinnen und Senioren
– Brücke und Begegnung unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen
– mit den Soldatengräbern Mahnmale zum Frieden
– Spiegel und Dokumentation der örtlichen und regionalen Geschichte

Friedhöfe sind und bleiben aber vor allem Orte eines lebendigen Glaubens und Kristallisationspunkte für die christliche Hoffnung auf das Leben bei Gott.

Hinschauen – auf Flüchtlinge und Migranten

Papst Franziskus dem kirchlichen „Welttag des Flüchtlings und Migranten“ in diesem Jahr das Motto gegeben: „Auf de Weg zu einem immer größeren Wir“. Seine Botschaft dazu beschließt er mit einem Gebet:

Heiliger und geliebter Vater,
dein Sohn Jesus lehrte uns,
dass im Himmel große Freude herrscht,
wenn jemand, der verloren war, wiedergefunden wird,
wenn jemand, der ausgeschlossen, abgelehnt oder verworfen wurde,
wieder in unser Wir aufgenommen wird,
das auf dieses Weise immer größer und größer wird.

Wir bitten dich: Gewähre allen Jüngern Jesu
und allen Menschen guten Willens die Gnade,
deinen Willen in der Welt zu tun.

Segne jede Geste des Willkommens und der Hilfe,
welche einen jeden im Exil lebenden
wieder in das Wir des gesellschaftlichen und kirchlichen Lebens integriert,
damit unsere Erde so werden kann, wie du sie geschaffen hast:
das gemeinsame Haus aller Brüder und Schwestern.

Amen.

Eine solche Geste des Willkommens und der Hilfe, welche ein paar Menschen, die sonst gern ausgeblendet werden, in unser Gesichtsfeld holt, ist die Fotoausstellung „Die Kinder von Moria“, die auf Initiative der katholischen Bewegung „Pax Christi“ in Verbindung mit Partnern im Oktober (11.10.-1.11.2021) am Dreifaltigkeitsplatz gezeigt wird. Wie hat es ausgesehen in diesem europäischen / griechischen Flüchtlingslager, das später in Brand gesteckt wurde? Wie sehen Kinder aus, die dort gelebt haben? Sich das anzuschauen, sich das zu Herzen nehmen, ist noch nicht die Lösung oder auch nur der Lösungsansatz für all die komplexen Schwierigkeiten beim Thema „Flucht und Migration“. Aber es ist sicher ein gut christlicher Impuls, der nicht umsonst sein wird.

„Heiteren Herzens die Narrheit des Wahren wagen“

Ein Zitat von Josef Ratzinger wurde mir aus dem Kreis der Stadtkirche zugespielt, das allein schon seiner poetischen Sprache wegen bemerkenswert ist und als geistlicher Impuls für den Monat August dienen darf. Inhaltlich bedenkenswert ist es ohnehin, wie alles, was Josef Ratzinger / Papst Benedikt XVI. veröffentlicht hat:

„Wir können nicht zurück ins Vergangene und das wollen wir auch nicht. Aber wir müssen zu neuer Besinnung bereit sein auf das, was im Wechsel der Zeiten das wahrhaft Tragende ist. Das unbeirrbar zu suchen und die Narrheit des Wahren heitern Herzens ohne Abstriche zu wagen, scheint mir die Aufgabe für heute und morgen.“ So schrieb er 1975 im Zuge der Rezeption des II. Vatikanischen Konzils, insbesondere der Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ über den Weltdienst der Kirche.

Was meint er? Und was ist dran an dem Gemeinten? Mir scheint, er rechnet damit, dass das Christliche den gläubigen Menschen unausweichlich in einen Gegensatz zum weltlich Normalen bringt und die Christen als Narren in der Welt dastehen lässt. Von der „Torheit des Kreuzes“ hat schon Paulus geredet, und man muss nicht lange fragen, um zu erfahren, welche katholischen Positionen die Welt heute als weltfremd, lächerlich und unsinnig ansieht, als Narrheit, wenn man daran festhalten möchte. Dabei ist dieses Närrische im Katholischen nicht ein stures Festhalten (als was es meistens diffamiert wird), sondern ein unbeirrbares Suchen. In einer bestimmten Richtung zu suchen, bei Gott zu suchen, nach Gott zu suchen, das wird als närrisch angesehen. Auf der sicheren Seite wähnen sich die, die schnell genug die Nase im Wind haben und den Wechsel der Zeit vorneweg mitmachen. Konkret: Sonntagspflicht, Priesterzölibat – könnten das die Dinge sein, die gemeint sind? Dann wäre auch die Sonntagspflicht kein stupides Befolgen eines „muss“, wie es immer gegolten hat und deshalb weiter gelten soll, sondern die unbeirrbare Suche nach etwas Tragendem. Leuchtet ein! Natürlich formt sich eine geistliche Persönlichkeit durch solche Regelmäßigkeit. Ebenso der Priesterzölibat: Natürlich kein Dogma. Aber auf diesem Weg wird nach einem hohen Gut gesucht, nach etwas Tragendem jenseits des Wechsels der Zeiten.

Wenn man von der Umwelt als Narr verachtet wird, droht man leicht griesgrämig, mürrisch, reizbar zu werden. Kann man sich in diese Rolle auch „heiteren Herzens“ einfinden? Das wär’s, meint Ratzinger.

Im Nachsinnen und Knobeln, was gemeint sein könnte, kommt man an kein Ende, weil der Satz wirklich tiefsinnig ist. Aber man darf aufhören, wenn man sich an der poetischen Kraft zur Inspiration erfreut hat.

ICH WILL

Von einem Mitglied der Stadtkirche habe ich einen starken Text des (mir unbekannten) Autors Jorge Bucay bekommen. Ein klares „ich will“, aber mit offenem Adressat. Zuerst der Mitmensch – klar. Aber ebenso gut oder sogar noch besser: Gott. Handschriftlich war auf dem Blatt, das bei jemand von uns am Küchenschrank klebt, das ich als Foto übermittelt bekam, notiert: „Manche Bitten sind von Gott seit je her erfüllt. Dessen sollten wir uns bewusst werden.“ Und die Pointe in der letzten Zeile – ganz stark! Neugierig? Also, hier der Text:

Ich will, dass du mir zuhörst, ohne über mich zu urteilen.

Ich will, dass du deine Meinung sagst, ohne Ratschläge zu erteilen.

Ich will, dass du mir vertraust, ohne etwas zu erwarten.

Ich will, dass du mir hilfst, ohne für mich zu entscheiden.

Ich will, dass du für mich sorgst, ohne mich zu erdrücken.

Ich will, dass du mich siehst, ohne dich in mir zu sehen.

Ich will, dass du mich umarmst, ohne mir den Atem zu rauben.

Ich will, dass du mir Mut machst, ohne mich zu bedrängen.

Ich will, dass du mich hältst, ohne mich festzuhalten.

Ich will, dass du mich beschützt, aufrichtig.

Ich will, dass du mir nahe kommst, doch nicht als Eindringling.

Ich will, dass du all das kennst, was dir an mir missfällt. Dass Du es akzeptierst. Versuch es nicht zu ändern.

Ich will, dass du weißt … dass du heut auf mich zählen kannst. Bedingungslos.

Segel des Glaubens setzen, damit Gott es füllt mit Hl. Geist

Der Hl. Hilarius von Poitiers (in Frankreich) war Bischof und Schriftsteller im 4. Jahrhundert. Er hat eine große Abhandlung über die Dreifaltigkeit Gottes geschrieben. In der Einleitung darin kommt er auf ein schönes Bildwort, das mich sehr angesprochen hat. Ich will es jetzt, in den Tagen vor dem Pfingstfest, weitergeben. Im Stil der Anrede an Gott, also im Stil des Gebets, schreibt er:

„Ich bekenne nur mein Wollen. Im übrigen muss ich beten um die Gabe deiner Hilfe und deines Erbarmens, dass du die ausgespannten Segel meines Glaubens und meines Bekennens füllst und uns auf dem Kurs des Begonnenen vorantreibst.“

Ja, wir müssen nicht erst den Glauben verstehen, um uns dann für ihn zu entscheiden, gar in dem Maß, als wir ihn verstanden haben und aus eigener Einsicht verantworten können. Wir dürfen umgekehrt den Glauben, ja sogar das schlichte Bekenntnis, wie wir es von klein auf übernommen haben, aufspannen wie ein Segel … und während ich mir das bildhaft vorstelle, wird meine Seele schon weit, frei und hochgespannt … und dann erhoffen, erbitten und erwarten, dass Gott dieses Segel füllt mit dem Wind des Hl. Geistes. Dann kommen wir in Fahrt, dann kommen wir voran. So kann es Pfingsten werden, wenn wir nicht misstrauisch, gar missmutig oder verzagt abwarten, ob etwas geschieht in der Kirche. Sondern wenn wir schon voraus hochherzig die Segel des Glaubens und des Bekennens hissen.

Auf und hinaus ins Leben!

„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick …“

Wer kennt nicht den berühmten Beginn des Osterspaziergangs in Goethes Faust? Natürlich ist es damals wie heute der Frühling und der arbeitsfreie Feiertag, der die Leute hinaus treibt ins Grüne. Nach Monaten des Lockdowns treibt uns in diesem Jahr auch der Überdruss hinaus ins Freie. An den schönen Tagen, die schon waren, konnte man das erleben. Vieles darf mit spielen und mit herein spielen, um den Osterglauben an die Auferstehung Christi mit Erfahrung zu unterfüttern. Als Gruß zu Ostern hier ein Text der reformierten feministischen Theologin (sie lebt und lehrt im schweizerischen Basel) Luzia Sutter Rehmann:

Mich dem Leben in die Arme werfen

Wir sind auf der Suche
nach einer Kraft,
die uns aus den Häusern,
aus den zu engen Schuhen
und aus den Gräbern treibt.

Aufstehen und
mich dem Leben in die Arme werfen – 
nicht erst am Jüngsten Tag,
nicht erst, wenn es nichts mehr kostet
und niemandem mehr weh tut.
Sich ausstrecken nach allem,
was noch aussteht,
und nicht nur nach dem Zugebilligten.
Uns erwartet das Leben.
Wann, wenn nicht jetzt?